zur "Linienoptik"
von
Dr. A. Sonnefeld, Jena
Ich möchte hier eine
Broschüre von 1954 vorstellen. Sie behandelt die sogn. Linienoptik, die nach meiner Ansicht mehr Bekanntheit verdient und ohne Rechnung auskommt. Sie wird
vom Erfinder (Entwickler) Dr. Sonnefeld folgendermaßen vorgestellt
: "Die Linienoptik ist eine optische Geometrie und löst einfache
optische Aufgaben, so wie es in der Geometrie geschieht, mit Zirkel und
Lineal.*) Sie benutzt nicht die Gestalt der Glaslinsen, ihre
Flächenradien, Dicken und Brechzahlen, sondern arbeitet mit einer
geraden Linie, die als brechende oder spiegelnde optische Linie
auftritt, daher der Name Linienoptik.
Die grundlegenden Gedanken zu einer solchen Linienoptik sind alt, doch
hat es erst im Jahre 1920 von Rohr versucht, diese elementare optische
Geometrie wegen ihrer hohen Bedeutung für die praktische Optik und
wegen ihrer Fruchtbarkeit bei größter Einfachheit einem größeren
Leserkreis zugänglich zu machen.
Im Jahre 1851 gab J. B. Listing ein zeichnerisches Verfahren an, nach
dem die Bildlage zu einem gegebenen Dingpunkt sehr einfach ermittelt
werden kann, wenn die ein optisches System vertretenden optischen
Linien bekannt sind. Das Verfahren wird in allen Lehrbüchern der
elementaren Optik angegeben, leider aber ohne Erklärung, wie man dazu
kommt und warum es so gute Ergebnisse bringt. Diese Lücke auszufüllen
ist der Hauptzweck dieses Buches. Recht wenig vorauszusetzen war dabei
Grundsatz."
"Die Abschnitte, in denen von der optischen Linie aus die Linsenformen
ermittelt werden, sind in dieser Form so gut wie unbekannt, auch den
Optikern. Diese werden durch die Lektüre dieses Buches lernen, ihr
Gebiet besser und einfacher zu übersehen als bisher.
Die Gaußsche Dioptrik ist für den weniger Eingeweihten und die Anfänger
der Optik nicht immer leicht verständlich, ihre Abstraktionen müssen
sorgfältig erarbeitet werden. Dabei den in der Optotechnik arbeitenden
Optikern, Konstrukteuren, Rechnern und Laboranten behilflich zu sein,
auch darauf kam es mir bei der Bearbeitung der „Linienoptik" an. Bei
der Neubearbeitung hat mich Herr. Dr. Walter Kuhn wesentlich
unterstützt. Ich verdanke ihm die gewissenhafte und kritische
Durchsicht des Manuskriptes. Auf meinen Wunsch hat er die Ergänzung im
4. Abschnitt über den Kugelspiegel und den Schmidt-Spiegel, der die
zweite neue Epoche der Reflektoren einleitete, eingefügt, was sicher
von den Benutzern des Buches begrüßt wird.
Ich hatte einige Bedenken, in dieser gemeinverständlichen Darstellung
schon jetzt die nach den neuen Normenvorschlägen abgeänderten
Bezeichnungen einzuführen, es betrifft dies hier namentlich die
Winkelbezeichnungen, für die, wie in der Mathematik üblich, griechische
Buchstaben eingesetzt werden sollen, z. B. ε und ε‘ statt i und i' , σ
und σ' statt u und u' , σB und σB'
statt w und w' ."
*) heute ist eine höhere Zeichengenauigkeit durch die Verwendung von CAD-Programmen usw. möglich
Einleitung zur
Linienoptik:
"Die wesentlichsten Teile an
den optischen Instrumenten sind die meist aus Glas bestehenden Linsen,
Prismen und Spiegel. Diese optischen Elemente haben sämtlich die
Eigenschaft, dem Auge die Betrachtung oder die Beobachtung von
Gegenstanden zu erleichtern; dies kann auf die mannigfachste Art und
Weise geschehen. Der einfachste Fall ist der der Selbstbetrachtung mit
Hilfe von Planspiegeln durch Umkehrung des Lichtweges. Dieser Fall ist
zugleich auch der, bei dem die Abbildung im ganzen Raum am
vollkommensten ausfällt, vorausgesetzt natürlich, daß der Spiegel
selbst keine Fehler hat, d. h. daß seine spiegelnde Oberfläche eine
ideale Ebene ist. Diese punktscharfe Abbildung (Stigmatismus) an
idealen Planspiegeln ist einmalig. Der Planspiegel ist also das einzige
vollkommene optische Instrument. Die Abbildung mit Linsen und
gekrümmten Spiegeln ist mit Fehlern behaftet und nur beschränkt
punktscharf. Wir sind aber in der Lage, die Fehler bei der optischen
Abbildung im allgemeinen so weit zu heben, daß sie praktisch außer
Betracht bleiben können. Die durch einen Planspiegel hervorgerufene
Seitenverkehrung der Bilder oder Vertauschung von rechts und links ist,
im Grunde genommen, keine fehlerhafte Abbildung, wenn auch ein
Nachteil, der sich aber schon durch eine zweite Spiegelung aufheben
läßt. Der nächstfolgende Fall ist der der Selbstbetrachtung mit Hilfe
von Hohlspiegeln, wobei zur Umkehrung des Lichtweges noch eine schwache
Vergrößerungswirkung hinzukommt. Bei den Toiletten- und Rasierspiegeln
zur schwach vergrößernden Selbstbetrachtung bemerken wir schon recht
auffällige Fehler in der Abbildung, wenn wir aufmerksam beobachten,
besonders an den Grenzen des Feldes b.z.w. an den Grenzen ausgedehnter
Objekte (Gesicht). Sodann folgen die Spiegel zur Beleuchtung von
Gegenständen, die Spiegellampen und Scheinwerfer. Weiter schließen sich
an die Brillen, die Lupen, die Mikroskope und die Fernrohre, alles
Hilfsmittel zur bequemeren oder deutlicheren Beobachtung von
Gegenständen. Schließlich sind zu nennen die fotografischen Objektive
und Bildwerfer, mit denen wir dem Auge Bilder von Gegenstanden
vorführen, die örtlich und zeitlich dem Auge gewöhnlich unsichtbar
sind. Es gibt optische Geräte, in denen nur Spiegel, und solche, in
denen nur Linsen auftreten, erstere nennt man Reflektoren, die zweiten
Refraktoren. Zu diesen gesellen sich noch die Geräte, in denen sowohl
Linsen wie Spiegel auftreten (Mediale).
Alle optischen Instrumente ändern den Weg der Lichtstrahlen. Man kann
die Leistung der optischen Instrumente recht gut beurteilen, wenn man
weiß, wie sich Lichtbündel verhalten, die von sehr kleinen Lichtpunkten
ausgehen, wie man sie an dem Ort des zu betrachtenden Dinges annimmt.
Werden diese Lichtpunkte durch die Instrumente wieder in Lichtpunkte
abgebildet und wird insbesondere eine Gruppe von Lichtpunkten
(Sternbereich) wieder in eine ähnliche Gruppe von
Lichtpunkten abgebildet, so erfüllt das Instrument seine Aufgabe. Die
zu betrachtenden Lichtbündel sind stets kegelförmig, nehmen aber bei
sehr weit entfernten Dingen, wie den Sternen, fast zylindrische Gestalt
an. Streng paralleles Licht gibt es in der praktischen Optik und der
Natur niemals, nur in der geometrische Optik als vereinfachte
geometrisehe Annäherung.
Man kann nun eine sehr einfache Einteilung der optischen Elemente
vornehmen, indem man sie in bezug auf ihre Wirkung auf ein von einem
Lichtpunkt ausgehendes Strahlenbündel betrachtet. Die Wirkung kann
lichtsammelnd und lichtzerstreuend sein, sowohl in der Richtung der
ursprünglichen Lichtbewegung wie auch in beliebigen anderen
Richtungen. Hier sollen die rein sammelnden Linsen durch eine
senkrechte
Linie I und die rein zerstreuenden Linsen durch eine unterbrochene
senkrechte Linie dargestellt werden. Die Lichtrichtung soll hier ein
für allemal als von links nach rechts gehend angenommen werden, so, wie
auch beim Schreiben das Licht auf den Schreibtisch fallen soll. Tritt
dann zur sammelnden oder zerstreuenden Wirkung eine Umkehrung der
Lichtrichtung, wie beim Hohlspiegel bzw. beim Erhabenspiegel, so erhält
die senkrechte Linie einen nach links gerichteten Pfeil (s. Bild 1).
Diese optischen Linien enthalten als Grenzfälle auch die Planspiegel
und Planplatten, bei denen die sammelnde bzw. die zerstreuende Wirkung
Null ist. Es ist auch ohne weiteres einzusehen, daß man eine Linse nur
dann als optische Linie auffassen kann, wenn ihre Dicke und ihr
Durchmesser klein sind im Verhältnis zu den Krümmungsradien ihrer
Grenzflächen oder wenn der Lichtweg in den Linsen verschwindend klein
ist."
Eine vergleichbare Konstruktion habe ich im Physikunterricht während meiner Schulzeit bis 1970 bei der Behandlung der optischen Linsenbrechung kennengelernt. Die Broschure "Linienoptik" kann als ZIP der einzelnen Seitenscans hier heruntergeladen werden